Insolvenzen mit Milliardenforderungen: Bedeutung für Gläubigerpositionen und Verwertungsperspektiven

Insolvenzen mit Milliardenforderungen: Bedeutung für Gläubigerpositionen und Verwertungsperspektiven

Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Unternehmensinsolvenzen zeichnen ein deutliches Bild: Die Zahl der Verfahren steigt kontinuierlich, doch mindestens ebenso bedeutsam ist die Höhe der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen. Im Februar 2025 belief sich das von den Gläubigern gemeldete Gesamtvolumen auf über neun Milliarden Euro. Diese Zahl belegt nicht nur die strukturelle Schwere der betroffenen Fälle, sondern verdeutlicht auch, wie zentral eine strategisch durchdachte Gläubigervertretung im Insolvenzverfahren geworden ist.

Veränderte Gläubigerrollen in der Praxis

Während Insolvenzverfahren früher vielfach passiv begleitet wurden, zeigt sich in der aktuellen Verfahrenslandschaft eine deutlich aktivere Rolle großer Gläubigergruppen – insbesondere institutioneller Gläubiger, Banken, Warenkreditversicherer sowie Unternehmensgruppen mit konzerninternen Forderungsbeziehungen. Die aktive Wahrnehmung von Verfahrensrechten ist nicht nur taktisch geboten, sondern zunehmend auch Voraussetzung für eine wirtschaftlich sinnvolle Beteiligung am Verfahren.

Ein zentrales Element ist die strukturierte Anmeldung von Forderungen gemäß § 174 InsO. Fehlerhafte oder unvollständige Forderungsanmeldungen können zur vollständigen Versagung der Teilnahme an Verteilungsquoten führen. Insbesondere bei Konzernforderungen, bei Sicherheiten außerhalb Deutschlands oder bei bedingten bzw. bestrittenen Ansprüchen ist größte Sorgfalt geboten.

Bedeutung von Sicherheiten und Verwertungskonzepten

Ein weiteres zentrales Thema ist der Umgang mit besicherten Forderungen. Forderungen, die durch Abtretung, Pfandrechte oder Eigentumsvorbehalte gesichert sind, werden in der Praxis regelmäßig außerhalb der allgemeinen Insolvenzquote befriedigt – allerdings nur dann, wenn die Sicherheit wirksam bestellt, dokumentiert und durchsetzbar ist. Bei der Verwertung spielt die Kooperation mit dem Insolvenzverwalter eine maßgebliche Rolle: Eine einvernehmliche Verwertungsvereinbarung kann in vielen Fällen schneller und effizienter zur Massegenerierung führen als eine streitige Auseinandersetzung.

Für Gläubiger, die mit einem Verwertungsausfall rechnen müssen, stellt sich zudem die Frage, ob eine nachrangige Forderungsanmeldung in Betracht kommt, beispielsweise wegen § 38 InsO oder aus Eigenkapitalersatzverhältnissen. In diesen Fällen ist eine klare Trennung von Haupt- und Nebenforderungen unerlässlich.

Gläubigerausschuss und Mitwirkung

Gläubiger sollten in geeigneten Fällen die Einrichtung eines vorläufigen oder endgültigen Gläubigerausschusses gemäß § 67 InsO aktiv unterstützen oder selbst einen Sitz anstreben. Der Ausschuss bietet die Möglichkeit, maßgeblichen Einfluss auf die Verfahrensstruktur, die Auswahl des Insolvenzverwalters sowie auf die Verwertung der Masse zu nehmen. Darüber hinaus werden dort regelmäßig Restrukturierungsoptionen (übertragende Sanierung, Insolvenzplan) erstmals vorgestellt und mit den wirtschaftlich wichtigsten Beteiligten abgestimmt.

Fazit

Die steigenden Forderungsvolumina in laufenden Insolvenzverfahren zeigen deutlich, dass Gläubiger nicht länger Zuschauer eines formalisierten Verfahrens sein können. Wer wirtschaftlich spürbare Verluste minimieren will, muss seine Rechte aktiv wahrnehmen, frühzeitig Forderungen strategisch anmelden und verfahrensbegleitend handeln.

Unsere Kanzlei unterstützt Gläubiger umfassend – von der initialen Risikoanalyse über die Forderungsanmeldung bis hin zur Vertretung im Gläubigerausschuss und bei der Durchsetzung von Aus- und Absonderungsrechten. Dabei verbinden wir insolvenzrechtliche Erfahrung mit wirtschaftlicher Zielorientierung.